Was ist ein Erbschein und was muss ich bei der Beantragung beachten?

Um ein Erbe anzutreten, wird ein Erbschein benötigt – außer der Erblasser hat vor seinem Ableben ein Testament beim Notar erstellen lassen. Wer im Erbfall die Verfügung über Bankguthaben oder einen Grundbucheintrag für die hinterlassene Immobilie erwirken möchte, benötigt sonst einen Erbschein. In den folgenden Zeilen wird an anschaulichen Beispielen erklärt, in welchen Situationen ein Erbschein erforderlich ist, wer diesen beantragt und welche Unterlagen erbracht werden müssen, um einen Erbschein zu erhalten.

Wann brauche ich einen Erbschein?

Wenn sich im Erbe eine Immobilie befindet, ist immer ein Erbschein nötig, um einen Grundbucheintrag vornehmen zu lassen, falls kein notarielles Testament vorliegt. Nicht jeder Erblasser nennt jedoch eine Immobilie sein Eigentum. Fast immer ist aber auf einem Giro- oder Sparkonto noch Guthaben vorhanden – oder der Verstorbene nannte Wertpapiere sein Eigen. Selbstverständlich möchten die Hinterbliebenen im Erbfall über die finanziellen Hinterlassenschaften verfügen können. Sehr berechtigt ist aber auch das Anliegen der Banken, Geld und Wertpapiere nur an die richtigen Personen auszugeben. Bei nicht notariell beurkundeten Testamenten besteht die Gefahr, dass noch andere Testamente auftauchen, die andere Erben vorsehen – oder dem vorgelegten Testament widersprechen. Auch wenn kein Testament vorliegt, ist der Nachweis über den Erbschein unerlässlich. Die Forderung der Banken, einen Erbschein vorzulegen, ist deshalb nicht nur rechtmäßig, sondern auch verständlich.

Was steht in einem Antrag für einen Erbschein?

Im Erbscheinsantrag enthalten ist eine Erklärung an Eides statt durch den Erben. In einem Beispiel wird deutlich, wozu diese Erklärung dient: Herr Schmidt verstirbt nach langer Erkrankung und lässt seine Ehegattin und drei Kinder zurück. Seine Ehefrau gibt beim Notar eine eidesstattliche Erklärung ab, dass Herr Schmidt kein Testament hinterlassen hat, dass er verheiratet war und zwei Kinder hatte. Dadurch versichert Frau Schmidt, dass sie nicht etwa ein Testament kannte, es aber nicht berücksichtigt sehen möchte und dass es zwei Kinder des Verstorbenen gibt, die einen Anspruch auf einen Teil des Erbes haben – und sie nicht etwa weitere Nachkommen verschweigt.

Und was steht im Erbschein selbst?

Im Erbschein ist vom Amtsgericht festgehalten, wer erbt. Nicht im Erbschein enthalten ist, wenn der Erblasser ein Vermächtnis zukommen lässt. Das Vermächtnis verschafft dem Erblasser die Möglichkeit, auch außerhalb der gesetzlichen Erbfolge den Nachlass zu verteilen. Wenn kein Testament vorliegt, gibt es auch kein Vermächtnis.

Ein Beispiel: Herr Schmidt hat seiner Tochter in einem Testament als Erben eingesetzt. Seiner Ehefrau hat er als Vermächtnis das Eigentum an seinem Eigenheim zugesprochen. Das Amtsgericht stellt in diesem Fall fest, dass die Tochter alleinige Erbin ist. Im Erbschein wird nur sie erwähnt. Das Eigentum an dem Haus kann Frau Schmidt gegenüber ihrer Tochter einfordern. Der Erbschein stellt jedoch nur die Erben fest.

Wo stelle ich den Erbscheinsantrag? Welche Kosten kommen auf mich zu?

Der Erbschein kann nicht nur beim Notar beantragt werden, sondern auch beim Nachlassgericht. Die Kosten für den Erbschein orientieren sich an der Nachlasshöhe. Unabhängig davon, ob der Antrag beim Notar oder beim Nachlassgericht gestellt wird: Da sich die Kosten an einer Gebührentabelle orientieren, gibt es hier keinen Spielraum. Der Notar muss jedoch zusätzlich 19 % Mehrwertsteuer berechnen – diese entfallen beim Gericht.

Wer stellt den Erbscheinsantrag?

Grundsätzlich kann jeder Erbe den Antrag für einen Erbschein stellen – jedoch gibt es unterschiedliche Optionen für die Beantragung. Wenn es mehrere Erben gibt, spricht man von einer Erbengemeinschaft. Jede Person in der Erbengemeinschaft darf auch ohne die Zustimmung der anderen Erben einen Antrag stellen. Dann spricht man von einem Teilerbschein. Inhalt des Teilerbscheins ist eine Erklärung über Erbeinsetzung des Antragstellers und welchen Anteil er erbt. Natürlich können auch mehrere Erben den Erbscheinsantrag gemeinsam stellen. Dann werden im Erbschein alle Erben mit ihren jeweiligen Erbanteilen erwähnt.

Welche Nachweise und Unterlagen brauche ich für einen Erbscheinsantrag?

Für die Beantragung des Erbscheins, egal ob beim Notar oder Gericht, brauchen die Antragstellenden diese Unterlagen:
  • Einen amtlichen Identitätsnachweis (Personalausweis oder Reisepass)
  • Die Sterbeurkunde des Verstorbenen und Erblassers
  • Das Familienstammbuch
  • Vollständige Namen und Anschriften der Erben und weiterer Verwandter
Alle Urkunden müssen als beglaubigte Abschrift vorliegen. Für gewöhnlich sind im Familienstammbuch solche für die Heiratsurkunde, etwaige Geburtsurkunden der Kinder sowie Sterbeurkunden vorhanden. Weitere Stammbücher der Familiengenerationen davor dienen als Nachweis von Verwandtschaften. Wichtig ist das vor allem dann, wenn die gesetzliche Erbfolge greift und das Anrecht auf das Erbe nachgewiesen werden muss.

Notar Sebastian Jannsen

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